Wie lange darf ich im LKW am Steuer sitzen? Welche Ruhezeiten muss ich wann einhalten? Mit diesen Fragen beschäftigen sich vor allem Berufskraftfahrer, die als Angestellte oder Selbstständige beruflich mit einem LKW unterwegs sind. Wer die in Deutschland geltenden Regeln kennt, der fragt sich bei internationalen Fahrten, welche Vorgaben in den jeweiligen Ländern gelten, die bei einer Tour durchfahren werden. Hier sind die wichtigsten Informationen zu aktuell gültigen Lenkzeiten in Deutschland, Regelungen zur Lenkzeit im Ausland und wissenswerte Fakten zur Aufzeichnung von Lenk-, Pausen- und Ruhezeiten zusammengefasst.
Lenkzeiten im Ausland: Vorgaben innerhalb der EU
In allen Mitgliedsstaaten der EU gelten die gleichen Vorgaben zur Lenkzeit wie in Deutschland. Sie sind in der VO (EG) Nr. 561/2006 geregelt. Wer als Kraftfahrer innerhalb oder außerhalb Deutschlands einen LKW mit einem Gewicht von mehr als 3,50 Tonnen fährt, der muss sich zwingend an diese Vorgaben halten. Sie gelten für Fahrten innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU, für Fahrten zwischen ihren Mitgliedsstaaten, Fahrten zwischen EU-Mitgliedsstaaten und EWR-Staaten. Zu den EWR-Staaten zählen Liechtenstein, Island und Norwegen. Bei einem Verstoß drohen hohe Bußgelder, welche sowohl für den Fahrer als auch für den Chef des Unternehmens erhoben werden.
Tageslenkzeit und Wochenlenkzeit
Nach aktueller Rechtslage darf die Lenkzeit täglich bei maximal neun Stunden liegen. An bis zu zwei Tagen pro Woche ist eine Erhöhung dieser Lenkzeit auf zehn Stunden zulässig. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Fahrer pro Woche insgesamt maximal 56 Stunden und in zwei aufeinanderfolgenden Wochen zusammen höchstens 90 Stunden fahren dürfen. Zur Lenkzeit zählen übrigens nicht nur Zeiten, in denen der LKW tatsächlich fährt. Auch Standzeiten an Ampeln, Bahnschranken oder in einem Stau werden zur Lenkzeit gezählt und sind bei der Einhaltung der maximalen Fahrzeit zu berücksichtigen.
Vorgeschriebene Pausen im Rahmen der Lenkzeit
Neben der maximalen Dauer der Fahrzeit sind auch einzuhaltende Pausen genau festgelegt. Spätestens nach viereinhalb Stunden müssen Fahrer ihre Fahrt für 45 Minuten oder länger unterbrechen. In dieser Zeit darf der Fahrer keiner Tätigkeit nachgehen, sondern muss die Pause zur Erholung nutzen. Eine Aufteilung der vorgeschriebenen Pause ist ebenfalls zulässig. Hierbei darf zunächst eine Pause über 15 Minuten und später eine weitere Pause über 30 Minuten erfolgen. Als Pausenzeit gilt übrigens auch, wenn ein Fahrer als Beifahrer im LKW sitzt, während ein anderer Fahrer diesen fährt.
Vorgeschriebene Ruhezeiten für Berufskraftfahrer
Neben den Lenkzeiten und darin enthaltenen Pausen sind auch die Ruhezeiten für Kraftfahrer festgelegt. Als Ruhezeit gilt nicht, wenn ein Fahrer als Beifahrer während einer Tour im LKW mitfährt. Das Verbringen der Ruhezeit ist in einem LKW nur dann zulässig, wenn dieser steht und über eine ausgebaute Schlafkabine verfügt. Anders verhält es sich mit Fahrzeiten des Fahrers in seinem privaten Auto zum Arbeitsort. Diese gelten nicht als Lenkzeiten und können in die vorgeschriebene Ruhezeit fallen. Als Ruhezeit ist jene Zeit definiert, die ein Fahrer zur freien Verfügung hat und nach eigenen Vorstellungen nutzen kann. Vorgaben gibt es sowohl für die tägliche als auch für die wöchentliche Ruhezeit und diese sind ebenfalls EU-weit einheitlich geregelt.
Die tägliche Ruhezeit
Grundsätzlich muss eine tägliche Ruhezeit von elf Stunden eingehalten werden. Eine Verkürzung auf neun Stunden Ruhezeit ist bis zu drei Mal im Zeitraum einer Doppelwoche möglich. Sofern vom Fahrer gewünscht, darf die Ruhezeit von elf Stunden in zwei Phasen aufgeteilt werden, wodurch sie sich jedoch um eine Stunde verlängert. In diesem Fall muss die erste Ruhezeit mindestens drei Stunden und die zweite Ruhezeit mindestens neun Stunden ohne Unterbrechung betragen.
Wöchentliche Ruhezeit
Darüber hinaus ist auch die wöchentliche Ruhezeit für Kraftfahrer geregelt, allerdings nicht fest an bestimmte Wochentage gebunden. Inklusive einer Tagesruhezeit von neun Stunden muss pro Woche eine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens 45 Stunden erfolgen. Im Zeitfenster von zwei Wochen darf eine Wochenruhezeit unter besonderen Voraussetzungen auf 24 Stunden verkürzt werden, sofern in diesen Zeitraum zwei weitere Ruhezeiten mit mindestens 45 Stunden liegen. Das Einlegen der wöchentlichen Ruhezeit muss spätestens nach sechs Zeiträumen über 24 Stunden, also sechs Tagen nach Beendigung der letzten Ruhezeit erfolgen.
Lenkzeiten im Ausland: Grundlegendes
Mit der Einführung einer einheitlichen Vorschrift zur Lenkzeit innerhalb der EU sollen die Arbeitsbedingungen der Fahrer verbessert und regelmäßige Überstunden vermieden werden. Diese Maßnahmen dienen sowohl dem Schutz von Arbeitnehmern als auch dem Schutz von selbstständigen Fahrern. Ein weiterer Grund für die einheitliche Regelung ist die Vereinfachung der Überprüfung für zuständiges Personal der jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten. Im Fokus steht auch die Erhöhung der Verkehrssicherheit, welche durch Müdigkeit beim Fahrer stark beeinträchtigt werden kann. Nicht zuletzt wurde eine EU-weite Lenkzeitregelung eingeführt, um einen fairen Wettbewerb zwischen Unternehmen in den verschiedenen EU-Staaten zu gewährleisten.
Vor Einführung einer einheitlichen Regelung innerhalb der EU galten die jeweiligen Vorschriften der Länder, welche teilweise stark voneinander abwichen und dadurch zu einer Wettbewerbsverzerrung führten.
Wie und von wem werden Lenkzeiten kontrolliert?
Damit Lenkzeiten beispielsweise von der Polizei kontrolliert werden können, müssen Fahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 3,50 Tonnen über entsprechende Aufzeichnungsmöglichkeiten verfügen. Auf Verlangen haben Fahrer gegenüber der Polizei oder anderen autorisierten Behörden ihre kompletten Fahrunterlagen des aktuellen und der letzten 28 Tage vorzulegen. Hieraus lassen sich Verstöße gegen die vorgeschriebene Lenkzeit ablesen. Seit dem 1. Mai 2006 sind alle LKW mit einem EG Kontrollgerät ausgestattet. Dieses Gerät wird auch digitaler Fahrtenschreiber oder digitaler Tachograph genannt und ersetzt den davor üblichen mechanischen Fahrtenschreiber. In ihm befindet sich ein Chip, welcher alle relevanten Daten speichert und sichert. Zusätzlich haben Fahrer eine eigene Fahrerkarte, auf der die Daten der letzten 28 Tage gespeichert sind.
Zur Authentifizierung muss die Fahrerkarte beim Benutzen des Fahrzeugs verwendet werden. Ein Missbrauch ist dadurch weitestgehend unmöglich. Die Polizei verfügt über digitale Kontrollgeräte, mit denen EG Kontrollgeräte in Kraftfahrzeugen ausgelesen werden können. Sollte dabei ein Verstoß gegen geltende Lenkzeiten festgestellt werden, wird es für angestellte Fahrer und ihre Chefs in der Regel teuer. Die Bußgelder können für deutsche Fahrer nicht nur in Deutschland sondern auch im Ausland erhoben werden. Daher ist es sowohl für Kraftfahrer als auch für ihre Chefs wichtig, auf die genaue Einhaltung der Lenkzeiten zu achten.
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